7.500 Menschen demonstrieren in Brüssel gegen Marktwirtschaftsstatus für China

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Soll die EU-Kommission China den Marktwirtschaftsstatus (MES) geben oder nicht – bis zum Jahresende muss sie darüber entscheiden. Am Montag sind rund 7.500 Menschen aus 17 europäischen Ländern der Aufforderung von AEGIS gefolgt und haben gegen eine Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft demonstriert, wie Sprecher Milan Nitzschke pv magazine bestätigte. Das Bündnis vertritt 30 europäische Industrieverbände, etwa aus den Bereichen Stahl, Keramik, Aluminium, Glas und Solarindustrie. "Wir wollen Jobs, Wertschöpfung und Innovation in Europa. Deswegen sagen wir Nein zu Dumping und Nein zum Marktwirtschaftsstatus für China. Denn Dumping zerstört Jobs. Und mit dem Marktwirtschaftsstatus erhielte China ganz offiziell die Lizenz zum Dumping", erklärte Nitzschke, der zugleich auch Präsident von EU Prosun und Konzernsprecher von Solarworld ist.

Neben dem Demonstrationszug kam es auch zu einem Treffen mit dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, in dem die Befürchtungen vor chinesischem Dumping zur Sprache kamen. Die Vertreter von AEGIS hätten Juncker bei dem Treffen ein "Europäisches Industriemanifest für freien und fairen Handel" übergeben.

Erst kürzlich leitete die EU-Kommission eine Prüfung von Anti-Dumping-Maßnahmen gegen chinesische Stahlproduzenten ein. Rund 1.500 Mitarbeiter aus der deutschen Stahlindustrie waren als größte nationale Gruppe bei der Demonstration vertreten, wie die Salzgitter AG mitteilte. „Wir haben in Europa eine durch die Chinesen verursachte massive Importkrise. Die EU sollte deshalb die Handelsschutzinstrumente gegen die gedumpten chinesischen Stahlimporte so einsetzen, dass sie auch schnellstens wirken“, fordert Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Bereits seit Dezember 2013 gilt für kristalline Photovoltaik-Hersteller aus China in der EU das Undertaking, in dem Mindestimportpreise und Einfuhrbegrenzungen festgeschrieben sind. Es war als Kompromiss statt der Verhängung von Anti-Dumping- und Anti-Subventionszöllen erlassen worden, nachdem EU Prosun ein entsprechendes Verfahren gegen die chinesische Konkurrenz beantragte. Seit Dezember 2015 gibt es nun eine Auslaufprüfung des Undertakings, das zunächst auf zwei Jahre befristet war. Für die Zeit der Untersuchung gelten die Mindestimportpreise zunächst weiter.

Mit einer Anerkennung von China als Marktwirtschaft könnten Anti-Dumping-Verfahren deutlich schwerer werden. Die EU-Kommission eröffnete dazu in der vergangenen Woche ein Konsultationsverfahren, an deren Ende sie über einen möglichen MES für China entscheiden muss. Dies ist notwendig, da im Dezember 2016 einige Klauseln der 2001 zwischen der WTO und China geschlossenen Vereinbarung auslaufen. "Chinas Regierung finanziert Dumpingexporte nach Europa mit Milliardenbeträgen. Die Waren werden unter Herstellkosten verkauft, um Wettbewerber aus dem Markt zu drängen. In der EU hat das bereits hunderttausende Arbeitsplätze gekostet. Aktuell stehen zigtausende Stahlarbeitsplätze auf dem Spiel. Nach Stahl, Aluminium, und Solar kommen dann bald Chemie, Keramik, Maschinenbau und die Automobilindustrie, wenn Chinas Dumping kein Einhalt geboten wird", so Nitzschke weiter. Nach seinen Aussagen stehen weitere mehr als drei Millionen Arbeitsplätze und Investitionen in Milliardenhöhe auf dem Spiel.

Gerade in der Solarbranche sind die Anti-Dumping-Maßnahmen gegen die chinesischen Hersteller umstritten. So haben sich verschiedene Vereinigungen, darunter Solarpower Europe (ehemals EPIA), für ein Auslaufen des Undertakings stark gemacht. Deren CEO James Watson, der die Demonstration aus seinem Brüsseler Büro beobachten konnte, erklärte pv magazine, dass sein Verband noch keine offizielle Position zu einem Marktwirtschaftsstatus für China habe, aber weiterhin bei seiner Haltung bleibe, einen freien Handel zu bevorzugen, bleibe. Er betonte dabei, die Bedeutung seines Verbands für die europäische Photovoltaik-Branche. „Solarpower Europe bleibt die Vertreterin der Modulhersteller in Europa über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet“, sagte Watson. „Niemand weiß wirklich, wer die Mitglieder von EU Prosun sind; so ist es schwierig zu sagen, ob sie eine legitime Stimme der Modulhersteller sind“, so der Solarpower Europe-CEO.

Milan Nitzschke warb am Montag in Brüssel auch für die Photovoltaik und das EEG in Deutschland. Kritiker hatten ihm mangelnde Glaubwürdigkeit vorgeworfen, da er nun gemeinsame Sache mit den Gegnern des EEGs mache, nur um weiterhin Zölle gegen chinesische Hersteller durchsetzen zu können. Zu diesen Feinden von einst gehört unter anderem die Wirtschaftsvereinigung Stahl, die ähnlich wie andere energieintensive Branchen, in den vergangenen Jahren wiederholt gegen das EEG Front machten. Bei dem heutigen Treffen in Brüssel habe sich denn auch gezeigt, dass der Stahlverband mittlerweile für das EEG sei, sagte Nitzschke.

Erst am Freitag hatte die EU-Kommission Umgehungszölle gegen chinesische Photovoltaik-Hersteller erlassen, die ihre Waren unter Mindestimportpreis über Taiwan und Malaysia in die EU einführen oder eingeführt haben. Die Anti-Dumping- und Anti-Subventionszölle – die 53,4 und 11,5 Prozent betragen – werden nun rückwirkend ab Mai 2015 erhoben. Die Importe von fünf Herstellern aus Malaysia und 21 aus Taiwan sind von den Maßnahmen ausdrücklich ausgenommen. Dies begrüßte auch Solarpower Europe. „Alle [Solarpower Europe] Mitglieder unterstützen die Europäische Kommission dabei, Unternehmen die [bei Anti-Dumping-Maßnahmen und dem Undertaking] betrügen, zu fangen“, sagte Watson. „Wenn sich Unternehmen nicht an die Regeln halten, müssen sie bestraft werden.“ (Sandra Enkhardt)

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