Der 52-Gigawatt-Deckel droht zur Haftungsfalle für Photovoltaik-Installateure zu werden

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Seit Monaten wartet die Solarbranche darauf, dass der Gesetzgeber den 52-Gigawatt-Deckel im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die Förderung von Photovoltaik-Anlagen aufhebt. Angekündigt wurde dies schon oft, geschehen ist bis heute jedoch nichts. Viel Zeit bleibt nicht: Mit dem Zubau des zweiten und dritten Quartals wird die 52-Gigawatt-Grenze aller Voraussicht nach erreicht werden. Sollte die Deckelung bis dahin nicht gestrichen sein, erhalten alle weiteren Photovoltaik-Anlagen mit weniger als 750 Kilowatt installierter Leistung mit Erreichen der Marke keine Vergütung mehr nach dem EEG.

Anbieter von Photovoltaik-Anlagen und Installateure sollten aufpassen, dass der Solardeckel für sie nicht zu einer Haftungsfalle wird. Das könnte passieren, wenn der 52-Gigawatt-Deckel kurz vor der Inbetriebnahme einer neu errichteten Photovoltaik-Anlage erreicht wird und für diese Anlage dann keine Förderung mehr gezahlt wird.

Zwar haften Anbieter und Installateure nicht in jedem Fall dafür, dass die Inbetriebnahme der neuen Anlage bis zu einem bestimmten Datum erfolgt oder dass die Anlage förderfähig nach dem EEG sein wird. Entscheidend ist jedoch, wie der Kunde das konkrete Angebot verstehen darf: Enthält das Angebot Aussagen, die als eine entsprechende Zusicherung verstanden werden können, kann der Kunde hieraus möglicherweise einen Schadensersatzanspruch ableiten.

Dabei ist nicht einmal erforderlich, dass das Angebot ausdrücklich von einer „Garantie“ oder „Zusicherung“ spricht. Die Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft der Anlage – wie hier etwa die Förderfähigkeit nach dem EEG – kann sich auch aus den Gesamtumständen des Vertragsschlusses ergeben.

Problematisch kann es daher schon sein, wenn der Anbieter sein Angebot mit einer exemplarische Wirtschaftlichkeitsberechnung versieht, die die zu erwartende EEG-Vergütung beinhaltet. Auch kann der Anbieter unter Umständen verpflichtet sein, entsprechenden Fehlvorstellungen des Kunden aktiv entgegenzutreten. Erkennt der Anbieter zum Beispiel, dass sein Kunde fest mit der Einspeisevergütung rechnet und vom drohenden Förderstopp nichts weiß, muss der Anbieter seinen Kunden warnen.

Anbieter von Photovoltaik-Anlagen sollten ihre Kunden daher besser ausdrücklich auf die drohende Gefahr eines Förderstopps hinweisen. Die Warnung sollte für den Kunden gut wahrnehmbar sein und nicht etwa „im Kleingedruckten“ versteckt werden. Besser noch wäre es, wenn der Kunde den Erhalt des Hinweises ausdrücklich bestätigt.

Ist die Photovoltaik-Anlage errichtet, empfiehlt sich unmittelbar vor der Inbetriebnahme eine erneute Prüfung der Förderfähigkeit der Anlage. Denn der Solardeckel greift automatisch ein, sobald die 52-Gigawatt-Grenze erreicht ist, und gilt dann für alle neuen Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt Leistung, die nach Ablauf des Folgemonats in Betrieb genommen werden. Da es auch insoweit auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme ankommt, hat der Anlagenbetreiber respektive sein Installateur hier einen gewissen Spielraum: Ist der Förderstopp zwar bereits eingetreten, aber Abhilfe durch den Gesetzgeber nahe, kann es möglicherweise Sinn machen, die Inbetriebnahme hinauszuschieben.

Was passiert aber, wenn der Gesetzgeber weiter auf sich warten lässt und die neue Photovoltaik-Anlage tatsächlich keine Förderung mehr erhält? Der Förderstopp bewirkt „nur“, dass der Fördersatz für alle danach in Betrieb genommenen Anlagen „auf null“ sinkt. Alle anderen Regelungen des EEG gelten weiter. Die betroffenen Anlagenbetreiber könnten ihren Strom also selbstverbrauchen oder direkt vermarkten.

Sie müssten hierfür allerdings unter Umständen EEG-Umlage zahlen. Und auch die übrigen Pflichten müssten beachtet werden, also insbesondere die Vorgaben zur Fernsteuerbarkeit, zur Messung und zur Registrierung. Ob sich der Betrieb der Photovoltaik-Anlagen dann noch lohnt, ist fraglich. Bleibt zu hoffen, dass es der Gesetzgeber nicht darauf ankommen lässt und den Deckel doch noch rechtzeitig streicht.

— Der Autor Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen Projektkanzlei (www.projektkanzlei.eu). Rechtsanwalt Lange ist auf das Recht der Erneuerbaren Energien spezialisiert und vertritt bundesweit Projektierer und Betreiber von Photovoltaikanlagen. Er hat einige der wenigen Urteile zu Meldepflichtverletzungen erstritten, die zugunsten der Anlagenbetreiber ausgegangen sind. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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