Soziales Nachhaltigkeitsbarometer zeigt Zustimmung und Zweifel bei Energiewende

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Die Zustimmung in Deutschland für die Energiewende ist hoch. 88 Prozent der Deutschen befürworten sie – quer durch alle Bildungs-, Einkommens- und Altersgruppen sowie politischen Präferenzen, wie die Ergebnisse des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers zur Energiewende zeigen. Demnach würden sich auch 75 Prozent an der Energiewende beteiligen; 84 Prozent halten die Förderung von erneuerbaren Energien für richtig – 80 Prozent das Energiesparen und 85 Prozent die Energieeffizienz.

Rund zwei Drittel sehen allerdings eine soziale Schieflage, da vor allem „die kleinen Leute“ die Kosten tragen. Fast die Hälfte wünscht sich daher, dass diejenigen die viel verbrauchen auch stärker an den Kosten der Energiewende beteiligt werden, wie die am Dienstag vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS), der 100 Prozent erneuerbar Stiftung und der Innogy Stiftung für Energie und Gesellschaft vorgestellten Ergebnisse zeigen.

Ebenfalls knapp die Hälfte der Deutschen sei mit der Politik der Großen Koalition bezüglich der Energiewende unzufrieden gewesen. Dabei gibt es bei Union und SPD wie auch bei FDP, Linken und Grünen durchschnittlich mehr als 87 Prozent der Anhänger, die die Energiewende befürworten. „Die Energiewende ist in allen gesellschaftlichen Gruppen als Zielsetzung fest verankert und positiv besetzt. Und das über alle Parteien hinweg“, erklärte Daniela Setton, IASS-Wissenschaftlerin und Hauptautorin der Studie.

Überraschend sei, dass für den Kohleausstieg eine ähnlich hohe Zustimmung wie für den Atomausstieg bestehe. 63 Prozent der Deutschen wünschten sich ein Ende der Kohleverstromung. Mehrheitliche Zustimmung für einen Kohleausstieg bestehe auch in den Bundesländern mit Braunkohleabbau – also Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, ergab die Befragung.

Eher skeptische Einschätzungen hätten sich bei den Themen Gerechtigkeit, Kosten, Steuerung und Bürgernähe gezeigt. Zwei Drittel halten die Energiewende für teuer. Sogar 73 Prozent meinen, sie führt zu erhöhten Strompreisen. Gerade einkommensschwächere Haushalte sehen mit 71 Prozent eine ungerechte Verteilung der Kosten zu Lasten der kleinen Leute. Aber auch die Mehrheit der einkommensstärkeren Haushalte teile diese Einschätzung. „Energiepolitische Maßnahmen sollten stärker auf ihre soziale Verträglichkeit abgeklopft und einkommensschwache Haushalte gezielt unterstützt werden“, sagt daher auch Ortwin Renn, Wissenschaftlicher Direktor am IASS und Projektleiter der Studie. „Erstaunlich dabei ist: Die Menschen, die sich finanziell und wirtschaftlich eher negativ von der Energiewende betroffen fühlen, befürworten diese dennoch.

84 Prozent sehen den Staat in der Verantwortung, die Energieversorgung in Deutschland sicherzustellen. Von den Konzepten der Parteien sind die Bürger jedoch nicht wirklich überzeugt. 23 Prozent geben an, „keine Partei“ habe die besten Konzepte. 20 Prozent sehen diese Kompetenz bei den Grünen; 15 Prozent bei CDU/CSU. Alle anderen Parteien liegen im einstelligen Bereich. Neben der Versorgungssicherheit sehen die Bürger den Staat auch in der Verantwortung, für eine sozial gerechte Ausgestaltung der Energiewende zu sorgen. 57 Prozent wünschen sich niedrige Energiepreise, damit auch Geringverdiener nicht übermäßig belastet werden. 27 Prozent fordern eine staatliche Unterstützung für bedürftige Bürger. Eine große Mehrheit wünscht sich zudem, das energetische Gebäudesanierungen nur zu zumutbaren, begrenzten Mieterhöhungen führt.

Bei den Kosten wünschen sich 60 Prozent eine Umlage auf alle Haushalte und Unternehmen. 72 Prozent lehnen die Ausnahmeregelungen für die Industrie ab. Haushalte und Unternehmen, die für hohe CO2-Emissionen verantwortlich seien, sollten auch den Großteil der Kosten tragen.

Für das Nachhaltigkeitsbarometer sind quantitative und qualitative Daten erhoben worden. Die zentrale empirische Basis bilde die Befragung von 7500 Haushalten, die das IASS mit dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und Forsa durchgeführt habe. Dazu sei zwischen Juli und September eine qualitative Befragung in fünf Fokusgruppen mit insgesamt 50 Teilnehmern erfolgt. Die repräsentative Umfrage sei in diesem Sommer erstmals durchgeführt worden. Das Barometer soll künftig jährlich die Entwicklung der sozialen Dimension der Energiewende aufzeigen.

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